Zielpunkttraining für Blankbogen-Schützen
Blankbogen-Schützen zielen manchmal nicht im Anker, sondern bilden einen unsteten, halb-intuitiven Stil aus, der die notwendige Präzision vermissen lässt. In dieser Einheit werden diese Schützen »entwöhnt« und an einen sauberen Anker und ein präzises Zielverhalten geführt.
Blankschützen haben einen Freiheitsgrad, den Recurve- und Compound-Schützen nicht haben. Der olympische Recurve wird mit einem Klicker geschossen, der nicht nur eine langfristige Kontrolle der Auszugslänge ermöglicht, sondern vor allem ein Pausenelement in den Schussablauf einbringt. »Laden und Transfer« und »Zielen und Lösen« werden entkoppelt. Der Compound-Schütze erlebt eine ähnliche Pause.
Beim Blankbogen fehlt ein solches Element und bei einigen Schützen führt das dazu, dass sie nur extrem kurz oder gar nicht ankern. In meiner Trainerpraxis habe ich auch schon Schützen erlebt, die einen Reflex ausgebildet hatten, welcher zum Lösen führte, sobald die Finger das Gesicht berührten.
Unterm Strich führt das zu einer Art intuitivem oder halb-intuitivem Schießen:
- Das Ziel wird vor dem Heben des Bogens anvisiert und danach der Blick auf dem Ziel gelassen (Positionsphase 1). Durch den weiteren Schuss hindurch findet keine Korrektur mehr statt. Pfeilspitze und Zielpunkt werden evtl. wahrgenommen, haben aber keine Relevanz für den Schuss.
- Der Zielpunkt wird nach dem Heben des Bogens (Positionsphase 2) auf der Auflage angepeilt. Auch hier findet keine Korrektur mehr statt.
Beide Methoden vertrauen auf die stabile Ausführung der nachfolgenden Bewegungen in einer Präzision, die praktisch nicht zu leisten ist.
Die Übungen sollten auf Wettkampfentfernung durchgeführt werden, sofern dies möglich ist. Der Zielpunkt des Schützen muss sich auf der Scheibe befinden. Im Nachfolgenden spreche ich von Pfeilspitze als Element, über welches der Blankschütze zielt. Sollte der Schütze eine andere Zielreferenz haben (z.B. die Ecke der Pfeilauflage), so ersetzt das gedanklich bitte.
1 Bestimmung des Vorzielpunktes
Der Schütze schießt auf eine umgedrehte Auflage (weiße Fläche) und markiert mit einem Klebezettel seinen Vorzielpunkt – also den Punkt, den er vor dem Auszug mit den Augen fixiert.
Sofern möglich sollte der Schütze seine Pfeilspitze auf den Vorzielpunkt legen. Dies kann auch mehrere Passen geübt werden, sollte dies neu oder schwierig sein.
Erklärung: Für die Einheit benötigen wir das Bewusstsein, dass es sowas wie einen Vorzielpunkt gibt. Viele Schützen blicken grob in die Richtung der Scheibe, jedoch nicht präzise auf einen Punkt. Außerdem hängen wir in der nachfolgenden Einheit ein Zielblatt auf, welches so hängen sollte, dass der Pfeil auf der Scheibe bleibt!
2 Zielen
Eines der Zielblätter (siehe unten) aufhängen. Der oberer Kreis sollte dabei auf dem Vorzielpunkt des Schützen zu liegen kommen.
Der Schütz soll nun auf dem oberen Kreis (=Vorzielpunkt) ausziehen und ankern. Nach Ansage des Trainers führt er die Pfeilspitze auf den angesagten Kreis und löst. Die Ansage soll erst 1-2 Sekunden erfolgen, nachdem der Schütze geankert hat.
Anmerkung: Der Pfeil sollte auf der Scheibe bleiben. Sind Vorzielpunkt und Zielpunkt erheblich auseinander, so kann die Auflage nicht verwendet werden. In diesem Fall kann der Trainer die Zielpunkt auch mit einem dicken Stift auf eine umgedrehte Auflage malen.
Erklärung: Diese Übung führt ein Korrekturelement in den Schuss ein. Der Schütze lernt, im Anker zur Ruhe zu kommen und erst dann zu zielen.
3 Zielen
Die Übung aus 2 wird wiederholt. Der Schütze soll jedoch nicht eigenständig lösen, sondern auf ein Signal des Trainers warten.
Erklärung: Manchmal lösen Schützen bei der 2. Übung aus der Bewegung des Bogens heraus, also unmittelbar, wenn sich die Pfeilspitze im Zielpunkt befindet. Diese Übung zwingt den Schützen, die Pfeilspitze im Zielpunkt zu halten und darauf zu warten, dass das Lösekommando fällt.
4 Halteraum
Die Übung aus 3 wird wiederholt, jedoch wählt der Trainer einen Zielkreis aus und führt den Schützen immer dorthin. Vor der Übung bekommt der Schütze die Aufgabe, die Bewegung der Pfeilspitze genau zu beobachten. Nach der Passe soll der Schütze mit einem dicken Stift seinen Halteraum um den Zielkreis einzeichnen. Diese Übung kann mehrfach wiederholt werden, wobei der Schütze eine Aussage treffen soll, ob er beim Zielen im Halteraum geblieben ist.
Erklärung: Die meisten Visierschützen kennen ihren Halteraum, die meisten Blankschützen nicht. Die Beobachtung kann aber wichtige Informationen im Training wie auch im Turnier bringen. Durch eine Sensibilisierung, dass der Schütze seinen Halteraum im Training regelmäßig beobachten und im Trainingstagebuch festhalten soll, kann außerdem einem Rückfall in »zielloses« Schießen entgegen gewirkt werden.
Diese Übungsserie kann in einer Trainingseinheit von ca. 90min gut erledigt werden. Wichtig ist, dass der Schütze in den nachfolgenden Einheiten betreut wird, um einen Rückfall in alte Gewohnheiten zu unterbinden. Bei Schützen, die einen Reflex ausgebildet haben, ist dies sehr schwer und kann lange dauern.
